Leitziele des Netzwerkes

Leben und Sterben gehören zusammen

Sterben, Tod und Trauer sind in unserer Gesellschaft vorwiegend private Themen. Und wenn das Sterben und der Tod näher rücken, dann herrschen häufig Verunsicherung, Angst und Hilflosigkeit. Doch Leben und Sterben gehören zusammen, Tod und Trauer haben mitten im Leben ihren Platz. Das Netzwerk „Leben mit dem Tod“ möchte das ins Bewusstsein bringen.

Das öffentliche Thematisieren von Sterben, Tod und Trauer sowie das Sichtbarmachen des lokalen Angebots sind die übergreifenden Ziele des Netzwerks. Das geschieht durch:

Sensibilisierung der Öffentlichkeit

Sterben wird zumeist in den kleinsten Lebenskreisen erlebt. Solange nicht die eigene Familie oder der engste Freundeskreis betroffen sind, findet eine Auseinandersetzung mit Fragen des Lebensendes meist nicht statt. In öffentlichen Veranstaltungen mit unterschiedlichen Themensetzungen sollen verschiedene Zielgruppen im Stadtgebiet angesprochen werden. Das öffentliche Thematisieren von Sterben, Tod und Trauer sowie das Sichtbarmachen des lokalen Angebots sind die übergreifenden Ziele des Netzwerks.

Transparenz über die verfügbaren Unterstützungsangebote

Häufig fehlen Menschen in der letzten Lebensphase und auch ihren Angehörigen wichtige Informationen über das verfügbare Unterstützungsangebot. Das Netzwerk möchte die Angebote der breiten Öffentlichkeit sichtbar und besser erreichbar machen.

Stärkung von begleitenden Angehörigen durch Vermittlung von Wissen um Angebote

Viele Angehörige berichten von Unsicherheit und Unwissen, wenn es um die Begleitung von Sterbenden geht. Das Netzwerk möchte auf bestehende Angebote aufmerksam machen. Die Entwicklung neuer Angebote wird vom Netzwerk unterstützt.

Auseinandersetzung mit Trauerkultur(en) in unserer Gesellschaft

Die Pluralität der Bedürfnisse und das gem einsame Trauern in der Gesellschaft werden vom Netzwerk zur Diskussion gestellt. Damit sich Keine*r allein gelassen fühlen muss!

Entstehungsgeschichte Netzwerk

Wie ist das Netzwerk entstanden?

Am Krankenbett stelle ich mich vor als Seelsorgerin. Nach kurzem Smalltalk weint die Patientin und entschuldigt sich imm er wieder dafür, dass jetzt die Tränen kommen. Sie konnte nie weinen, seit dem Tod ihres Mannes. Sie darf keine Tränen zeigen, muss imm er stark sein, das ist ihre Haltung. Nach außen hat sie „funktioniert“, bis ihre unbewältigte Trauer sie zum Sturz brachte und sie mit Oberschenkelhalsbruch in der Klinik landete.

Großeltern ermöglichen ihren Enkeln nicht, von ihrer sterbenden Mutter Abschied zu nehmen: Nein, sie sollen sie so in ihrer Erinnerung behalten, wie sie ihre Mama kennen. Von Gesprächen in der Grundschule beim Religionsunterricht weiß ich, wie traurig Kinder sind, wenn ihnen die Möglichkeiten zum Abschiednehmen verwehrt werden, oder wenn sie über ihre Trauer und den Verlust von Menschen und Tieren schweigen müssen.

Das sind nur einige Beispiele von zahllosen Geschichten, in denen ich als Klinikseelsorgerin die Hilflosigkeit und Ohnmacht der Menschen spüre. Es wird mir ständig vor Augen geführt, wie wenig die Themen Tod und Trauer in der Gesellschaft Raum haben. Ein Mensch alleine kann sich nicht von unausgesprochenen Erwartungen befreien, ebenso wenig wie von Bildern einer Trauerkultur. Bis ein Mensch in einem seelsorglichen Gespräch seiner Trauer Raum gibt, hat er schon längst einen langen Leidensweg hinter sich. Dabei ist jeder Mensch von Tod und Trauer betroffen. Deshalb müssen wir als Gesellschaft zu einer sorgenden Gem einschaft werden, in der Menschen den Sterbenden und Trauernden achtsam und würdevoll begegnen, statt sie zu meiden. Ich erlebe die Menschen, die sich rechtszeitig mit der Endlichkeit des Lebens auseinandergesetzt haben, als dankbar, gelassen und angstfrei. Sie fühlen sich nicht unsicher, wenn ihnen ein trauender Mensch begegnet und müssen nicht die Straßenseite wechseln.

Eins steht für mich fest: die Themen Tod und Trauer müssen sprachfähig sein und dürfen nicht länger tabuisiert werden. Aus diesen Erfahrungen heraus ist die Idee entstanden, Einrichtungen und Menschen (kirchliche, kommunale, freiberufliche) anzusprechen und miteinander zu vernetzen. Überall bin ich auf offenen Ohren gestoßen. Schnell war es uns klar, dass wir gemeinsam mehr bewegen und erreichen können, wofür wir alle einen Auftrag haben und die Verantwortung tragen: für das Leben und natürlich für ein würdevolles Lebensende!

Mit Veranstaltungen zu unterschiedlichen Themen des Lebensendes wollen wir öffentliche Aufmerksamkeit herstellen. Verschiedene Zielgruppen ansprechen, sensibilisieren und Informationen zu bestehenden Unterstützungsangeboten transparent machen. Wir möchten begleitende Angehörige stärken und nicht zuletzt Angebote für trauernde Menschen erarbeiten.

Als Netzwerk sind wir keine „geschlossene Gesellschaft“. Wir sind offen für weitere Interessierte und Wegbegleiter. Haben Sie Ideen, Anregungen, Möglichkeit zur Mitarbeit oder zur Unterstützung? Wir freuen uns auf Sie!

Grace Konal
Gemeindereferentin und Seelsorgerin im Marienhospital

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